Liebes Tagebuch,
Heute war ein Tag, den ich nie vergessen werde. Unser zweiter Tag in Krakau stand ganz im Zeichen der Geschichte; eine Geschichte, die man zwar kennt, aber erst richtig begreift, wenn man a den Orten steht, an denen sie geschrieben wurde.
Morgens machten wir uns auf den Weg nach Auschwitz. Ich glaube, jeder von uns wusste, dass uns etwas Schweres bevorstand. Man hat so viel über diesen Ort gehört, aber nichts kann einen wirklich darauf vorbereiten.
Als wir ankamen, sah ich als Erstes das berühmte Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“. Es war surreal, wirklich davorzustehen. Unsere Tour begann mit Auschwitz I, dem Stammlager. Die roten Backsteingebäude sahen fast normal aus – doch sobald man die Schilder und Bilder sah, wusste man, dass hier unvorstellbares Leid geschehen ist. Die engen Gänge, die alten Holzböden – es fühlte sich an, als wäre die Vergangenheit immer noch greifbar.
Besonders erschütternd war der Raum mit den Haaren der Gefangenen und der Berg aus Koffern, auf denen Namen standen. Menschen, die ihre Sachen sorgfältig gepackt hatten, in der Hoffnung, irgendwo ein neues Leben zu beginnen – und doch wurden sie hierher gebracht, nur um ermordet zu werden. Aber am schlimmsten war der Raum mit den Kinderschuhen.
Ich stand davor und konnte kaum atmen. So viele kleine Schuhe, von Kindern, die nicht einmal verstanden haben konnten, was hier mit ihnen geschah.
Nach Auschwitz I fuhren wir nach Birkenau. Schon beim Aussteigen traf mich die schiere Größe des Lagers. Die Bahngleise, die endlos wirkten, die kaputten Baracken, die Ruinen der Gaskammern. Unsere Tourführerin erzählte, dass an manchen Tagen Tausende Menschen hier ankamen und innerhalb weniger Stunden nicht mehr existierten.
Ich versuchte mir vorzustellen, wie es gewesen sein muss, hier bei minusgraden oder brennender Hitze zu stehen, ohne zu wissen, was passieren wird. Wie es sich anfühlen musste, mit seiner Familie hierher zu kommen und sie nie wiederzusehen.
Nach der Tour fuhren wir zurück nach Krakau. Die Stimmung war bedrückt, niemand sprach viel. Ich glaube, wir alle brauchten Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten.
Jetzt sitze ich in meinem Zimmer und versuche, meine Gedanken zu sortieren. Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Dieser Ort hat mir noch einmal vor Augen geführt, wie grausam Menschen sein können aber auch, warum wir niemals vergessen dürfen.
Morgen werden wir das jüdische Viertel in Krakau besuchen. Ich weiß, dass auch das schwer werden wird. Aber ich bin dankbar, dass ich diese Reise machen kann – denn so schmerzhaft es auch ist, solche Orte zu sehen, sie sind wichtig.
Wir tragen die Erinnerung weiter.